Babysprache? Nein, danke! Warum ich bewusst normal mit meinem Kind spreche

Schon bevor ich Mama wurde, habe ich mich immer wieder gewundert: Warum sprechen so viele Erwachsene mit Babys oder Kleinkindern in einer völlig anderen Sprache – der sogenannten Babysprache?
Sätze wie „Mach heija“, „Wo ist der Wau Wau?“ oder „Guck mal, die Mietz Mietz!“ sind allgegenwärtig. In Büchern, in Gesprächen am Spielplatz, in der Familie. Doch jedes Mal, wenn ich so etwas höre, zieht sich in mir innerlich etwas zusammen. Ganz ehrlich? Ich kann damit einfach nichts anfangen. Babysprache klingt für mich künstlich – und nicht authentisch.
Ich weiß, dass viele Menschen das nicht böse meinen. Ganz im Gegenteil: Sie möchten liebevoll mit dem Kind kommunizieren, niedlich klingen oder es emotional erreichen. Doch ich glaube, dass wir Babys und Kleinkinder sehr wohl mit unserer normalen Sprache begegnen können – und es sogar besser für ihre Entwicklung ist.
Was ist eigentlich Babysprache?
Bevor wir weiter eintauchen, lohnt sich ein kurzer Blick auf die Definition: Mit „Babysprache“ meinen viele eine vereinfachte, verniedlichte und klanglich stark angepasste Form der Sprache, die oft Laute wiederholt („gucki gucki“), Tiernamen ersetzt („Mietz Mietz“ statt Katze) oder Tätigkeiten anders benennt („Heia machen“ statt schlafen).
Natürlich gibt es auch den wissenschaftlichen Begriff der „infant-directed speech“, also einer bewusst angepassten Sprechweise mit langsamerem Tempo, erhöhter Tonlage und klarer Artikulation. Diese Form unterstützt Kinder beim Spracherwerb – sie ist aber nicht dasselbe wie die verniedlichende Babysprache, um die es hier geht.
Warum ich bewusst keine Babysprache nutze
Ich habe für mich entschieden: Ich spreche von Anfang an ganz normal mit meinem Kind. Und das hat viele gute Gründe:
1. Kinder sind kompetente Wesen – auch sprachlich
Babys und Kleinkinder sind neugierige, aufmerksame Zuhörer. Schon im Mutterleib hören sie unsere Stimmen und Sprache. Warum sollten wir ihnen später eine künstliche Sprache „vorspielen“? Ich finde, es ist ein Zeichen von Respekt, sie wie gleichwertige Gesprächspartner ernst zu nehmen – natürlich angepasst an ihr Alter, aber eben nicht verniedlicht.
2. Der Wortschatz profitiert
Wenn ich meinem Sohn von Anfang an die richtigen Begriffe nenne – „Katze“, „Hund“, „Auto“ statt „Mietz Mietz“, „Wau Wau“ oder „Brumm Brumm“ – dann lernt er genau diese Worte. Er ordnet die Dinge in seiner Welt konkret ein. Und ich glaube fest daran: Je klarer und präziser die Sprache, desto besser entwickelt sich der Wortschatz.
3. Sprachverwirrung vermeiden
Ein Beispiel: Wenn ich erst „Mietz Mietz“ sage und später dann „Katze“, braucht mein Kind erst mal eine gedankliche Übersetzung. Er lernt: Mietz Mietz = Katze. Warum nicht gleich beim richtigen Begriff bleiben?
Auch Tätigkeiten wie „schlafen gehen“ lassen sich sanft, aber klar kommunizieren: „Wir gehen jetzt ins Bett, du kannst dich ausruhen.“ Das Kind versteht durch Wiederholung die Bedeutung. Wir müssen es nicht in Fantasiebegriffe verpacken, um verstanden zu werden.
4. Vorbild sein – auch sprachlich
Unsere Kinder lernen durch Nachahmung. Sie beobachten, hören, speichern. Wenn ich deutlich, liebevoll und klar spreche, lernt mein Kind automatisch, wie Sprache funktioniert. Ich bin sein Sprachvorbild – und das nehme ich ernst. Babysprache würde für mich bedeuten, dieses Vorbild zu verwässern.
Aber ist Babysprache nicht liebevoll?
Diese Frage bekomme ich oft gestellt. Und ja – ich verstehe, dass viele Menschen mit Babysprache Emotionen ausdrücken möchten. Sie wollen Nähe aufbauen, ihr Kind beruhigen oder zum Lächeln bringen.
Aber: Liebevolle Kommunikation braucht keine künstlichen Worte. Sanft sprechen, Blickkontakt halten, zuhören, mitfühlen – das ist für mich liebevoll. Es kommt auf die Beziehung an, nicht auf das „niedlich klingen“.
Ein konkretes Beispiel:
Statt „Mach heija“ sage ich:
„Ich sehe, dass du müde bist. Wir bringen dich jetzt ins Bett, damit du dich ausruhen kannst.“
Meine Stimme ist dabei weich, mein Blick ruhig, meine Gesten klar. Und mein Kind spürt: Mama versteht mich.
Sprachliche Rituale statt Babysprache
Kinder lieben Wiederholungen – und sie lernen durch Struktur. Ich nutze daher kleine sprachliche Rituale, die uns durch den Tag begleiten:
- „Guten Morgen, mein Schatz. Willkommen im neuen Tag.“
- „Wir ziehen dir jetzt die Hose an – erst ein Bein, dann das andere.“
- „Komm, wir gehen zum Essen. Heute gibt’s dein Lieblingsgericht.“
All das ist normale Sprache, aber kindgerecht formuliert. Ohne Verniedlichung, aber mit ganz viel Wärme.
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Was tun, wenn andere Babysprache sprechen?
Natürlich kann ich nicht kontrollieren, wie andere mit meinem Kind reden – sei es in der Kita, bei den Großeltern oder Freunden. Und das ist auch okay. Ich versuche, gelassen zu bleiben und nicht ständig zu korrigieren.
Aber: Ich bleibe bei mir. In meiner Kommunikation mit meinem Kind bleibe ich klar, respektvoll und ehrlich. Und ich vertraue darauf, dass genau das die Basis für seine Sprachentwicklung ist.
Fazit: Babysprache ist für mich keine Option
Sprache ist etwas Wunderschönes. Sie verbindet, erklärt, begleitet. Für mich bedeutet Sprache auch Beziehung – und die darf ehrlich sein. Babysprache klingt für manche niedlich – für mich ist sie überflüssig.
Ich möchte, dass mein Kind sich verstanden fühlt. Dass es von Anfang an echte Worte hört, echte Gespräche erlebt, echte Emotionen spürt. Dafür braucht es keine „Mietz Mietz“ oder „Heija machen“.
Es braucht uns – präsent, klar und liebevoll.
Denn das ist, was Kinder wirklich stärkt.
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